Das kosmische Wettbüro
Performance, Zürich 1947
Im Frühjahr 1947 mietete die Gruppe für zwei Wochen einen leerstehenden Laden an, in dem man das „Kosmische Wettbüro“ einrichtete. Soweit rekonstruierbar wurden Wetten angenommen,z.B. auf die Träume, die die Wetter in der nächsten Nacht träumen würden, oder auf die Orte, an denen sich die Wetter voraussichtlich am nächsten Tag befinden würden, etc. Die Wetteinsätze wurden am nächsten Tag wieder ausbezahlt, plus einem jeweiligen Gewinn: einer kleinen Amöbe aus Mürbeteig gebacken, deren Formen mantisch gedeutet werden sollten. Die Deutungen der Wetter wurden zu Protokoll genommen – Rohmaterial für weitere Texte, Zeichnungen und Bilder der Gruppe. Die Wetten auf Zeit, Ort, Handlungen und Träume, zeitigten teilweise interessante Ergebnisse: Die Wetter taten und sagten absurde Dinge, um ihre Wetten zu gewinnen – Dinge, die sie sonst nie getan oder gesagt hätten. Die Frage dahinter war, laut einem Text von v.Bamsell: „Hatten sie ihr Leben gefälscht? Waren sie plötzlich in „einem anderen Leben“ aufgetaucht?“
Es wurden vorgedruckte Wettscheine ausgegeben, auf denen die Teilnehmer ihre Wetten eintragen konnten. Eine Quittung wurde ausgestellt und einige Tage später trugen die Wetter dann die Ergebnisse vor, die ihre Wette gezeitigt hatte. Diese Ergebnisse trugen die Somnatisten dann in die Wettscheine ein. Einige der Original Wettscheine sind erhalten und wurden in Hamburg ausgestellt.
(Transkriptionen der ausgefüllten Wettscheine:)
Wette: „Ich werde für 2 Tage alle Stunde eine verbotene Sache tun.“
Ergebniseintrag: „Der Wetter befand sich nach eigenen Angaben schon nach 3 Stunden im Gewahrsam der Kantonspolizei und mußte sein Ansinnen aufgeben. Ein befreundeter Maitra half ihm jedoch dabei, der Incarceration durch Hinterlegung einer Kaution schnell wieder zu entkommen. Der Maitre hörte von der Wette und fand sich nur wenig später im kosmischen Wettbüro ein. Seine Wette läuft gegenwärtig.“
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Wette: „Auf dem Bahnhofsplatz werde ich eine Rede gegen die unhaltbaren Zustände in meiner Wohnung halten.“
Ergebniseintrag: „Der Wetter gab an, nach seiner Rede eine Reihe interessanter Begegnungen mit Personen gehabt zu haben, die ebenfalls „Navigationsprobleme“, wie er sich auszudrücken beliebte, in ihren Apartments hätten. Es kam zur spontanen Gründung eines Clubs. Der Wetter versprach, uns über die Geschicke des Clubs auf dem Laufenden zu halten.“
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Wette: „Ich spiele am Abend etwas anderes als die Kollegen.“
Ergebniseintrag:“Es handelte sich hier offensichtlich um eine Methode, eine wenig geliebte Anstellung bei einem örtlichen Kammerorchester zu beenden. Intentionale Abweichungen von der Partitur (lt. Wetter handelte es sich um ein Werk von Bartok/Streichquartette) werden nicht goutiert und auch vom Publikum als störend empfunden. Musikalisch sei es jedoch eine Offenbarung gewesen, wie Zeugen glaubhaft versicherten.“
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Wette: „Ich wette, ich spreche die nächsten Tage kein Wort, zu niemandem.“
Ergebniseintrag: „Die Wetterin beschrieb die Durchführung der Wette als einen äußerst angenehmen, ja befreienden Akt. Wenngleich ihre nähere Umgebung eine gewisse Befremdung wohl nicht verhehlen konnte.“
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Wette: „Ich wette, ich werde die nächsten 48 Stunden keine geistigen Getränke zu mir nehmen und nichts essen. Ich werd jemandem auf offener Straße ein Lied vorsingen.“
Ergebniseintrag: „Wetter kehrt in strak angetrunkenem Zustand ins Büro zurück, gab aber an, viel und ausdauernd gesungen zu haben, was ihn mit den örtlichen Polizeibehörden aneinandergeraten ließ. Im Gewahrsam der Kantonspolizei hätten sich ihm aber völlig neue Bekanntschaften und tiefe Einblicke in die Lebenswelten anderer erschlossen.“
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Wette: „Ich wette, ich gehe hin und sage es ihr. Ich gehe hin und sage es ihr ins Gesicht. Sie wird wieder hinter ihrem Verkaufstisch stehen und mich wieder gleichgültig anlächeln. Aber wenn ich es ihr sage, dann ändert sich alles. Ich wette ich tue das. Ich gehe da hin.“
Ergebnis: „Der Wetter machte den Buchmachern Mitteilung über seine bevorstehende Vermählung.“
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Wette: „ Ich wette, ich werde morgen den ganzen Tag lang jedem Menschen sagen, was ich über ihn denke.“
Ergebniseintrag: „Nach Selbstauskunft des Wetters ging er im Folgenden seiner Arbeitsstelle sowie einiger Bekanntschaften verlustig. Der Herr wähnte sich jedoch als Gewinner, da er seine Arbeit nicht mochte und erwähnte Bekannte wohl auch nicht.“
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Wette: „Ich wette, ich werde meinen Mann betrügen. Ich werde ihn mit einem schönen jungen Mann betrügen, den ich mir in einem Café an der Seepromenade angeln werde.“
Ergebniseintrag: „Beim Versuch, die Wette zu gewinnen, geriet die Dame offenbar an einen Bekannten ihres Mannes. Dessen Ehefrau wiederum pflegte intimen Umgang mit dem Ehemann der Teilnehmerin. Es kam wohl zu einem unüblich offenen Gedankenaustausch zwischenj den beteiligten Parteien.“
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